World Framed. Zeitgenössische Zeichenkunst der Sammlung Schering Stiftung im Kupferstichkabinett
Die erfolgreiche Kooperation zwischen dem Kupferstichkabinett und der Schering Stiftung begeht im Jahr 2023 ihr 15-jähriges Jubiläum. Aus diesem feierlichen Anlass wird die daraus hervorgegangene Sammlung zeitgenössischer Zeichenkunst mit einer Sonderausstellung gewürdigt. Der Bestand umfasst mittlerweile mehr als 130 Arbeiten aus den 1970er-Jahren bis in die unmittelbare Gegenwart von 30 hochkarätigen, nationalen und internationalen Künstler*innen, darunter N. Dash, Nadine Fecht, Dan Graham, Julie Mehretu, Matt Mullican, Carsten Nicolai, Tomás Saraceno und Jorinde Voigt.
Sich dem forschenden Blick von Künstler*innen, der Verbindung von Kunst und Wissenschaft zu widmen, bildet den Schwerpunkt der Sammlung Schering Stiftung im Kupferstichkabinett. Im Fokus steht die zeitgenössische, abstrakte Zeichenkunst, dessen Ausgangspunkt die Linie und dessen variantenreiche Ausformulierung bildet. Auch werden die Grenzen, Grenzerweiterungen und Medienübergriffe in der Zeichnung thematisiert.
Die Ausstellung geht der Frage nach, wie Künstler*innen ihre Wahrnehmung von Welt in ein Bild überführen und von welchen Kontexten und Diskursen diese Bilder geprägt sind. Welchen Rahmen, welche Ideen, legen Künstler*innen um den von ihnen beobachteten Ausschnitt der Welt? Empfangen werden die Besucher*innen der Gruppenausstellung von der Edition „Subjects“ (2018) des US-amerikanischen Künstlers Matt Mullican. Darin breitet Mullican sein seit den 1970er-Jahren entwickeltes Zeichensystem zur Beschreibung der Welt und des Universums in zehn, um Bleistiftzeichnungen erweiterte Lithografien aus. Der Titel des dritten Blattes lautet „World Framed“ und spiegelt den Blick des Menschen auf die Welt wider, ein Blick, der stets von bereits vorhandenem Wissen und von Ideen beeinflusst ist.
Die Frage danach, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen und wie wir uns ein Bild von der Welt machen, begleitet die Besucher*innen durch die gesamte Ausstellung. Die hier vereinten Künstler*innen suchen in ihren Zeichnungen nicht nach einem gegenstandsbezogenen oder naturalistischen Abbild der Realität, sondern schaffen abstrakte Bildfindungen: Zeichen- und Farbsysteme, Notationen und Partituren, Gestisches und Rasterförmiges, Linienbündel und Netze, ebenso Risse und Falten.
Die verwendeten Zeichenmittel umfassen für das 20. und 21. Jahrhundert gängige Medien wie Kugelschreiber, Fineliner, Blei- und Farbstifte. Darüber hinaus werden auch ungewöhnliche Mittel und Materialien verwendet: Spinnennetze, Haare, das Salz und Wasser des Meeres, prähistorische Steinwerkzeuge und Chemikalien. Zudem werden Zeichnung und Druckgrafik kombiniert. Auch wird direkt mit den Fingern gezeichnet und getastet oder es wird der gesamte Körper beim Zeichnen eingesetzt. Mitunter verwandelt sich der Zeichenakt in einen Tanz. Die Werke sind Ergebnis des Zusammenspiels geplanter und zufälliger, rational und emotional geleiteter Prozesse und zeigen insbesondere das Potential des Experiments und Forschens im Zeichnen auf.